Es ist ja nicht so, dass wir eine solche Unternehmung zum ersten Mal durchgeführt hätten. Dennoch ist sie immer wieder eine große Herausforderung und sorgt für Vorfreude bei allen Beteiligten.Am Montag, dem 20. Juni, ging es dann auch endlich los. Die diesjährige Hausbootfahrt mit Bewohnern des Markus-Pflüger-Heims begann im kleinen Hafen von Niderviller. Bei unseren Transportmitteln handelte es sich um drei Hausboote des Typs Vetus, wobei eines leicht größer als die anderen beiden war. Nach dem erfolgreichen Einrichten der Boote sowie der Verteilung der Schlafplätze starteten wir die Fahrt zunächst in westlicher Richtung, genauer gesagt zum Port de Houillon, vorbei an malerischen Landschaften, durch den relativ engen Rhein-Marne-Kanal.
Dabei gab es schon auf dieser ersten Route einiges zu bestaunen, seien es die idyllischen Ortschaften, eine verlassen wirkende Betonfabrik oder etliche entgegenkommende Schiffe.Trotz des schlechten Wetters war diese erste dreistündige Fahrt ein guter Einstand für die Heimbewohner und die Leos, sich gegenseitig etwas näher zu kommen und die Fahrt zu genießen. Allerdings blieb es nicht beim schnöden Fahren auf dem Kanal, denn dieser hatte wesentlich mehr zu bieten als nur tolle Landschaft und kleinere Häfen, an welchen man anlegen und Wasser tanken konnte.Denn fährt man zielgerichtet weiter, so kommt man um die zahlreichen Schleusen, welche den Kanal zu dem machen, was er ist, nicht herum. Fertiggestellt im Jahre 1853, ist der künstlich für die Schifffahrt angelegte Kanal um die Höhenunterschiede auf seinem Weg durch die Vogesen zu überwinden mit zahlreichen Schleusen gespickt, welche manuell oder automatisch bedient werden können.
Mit allen drei Booten fuhren wir in diese Schleusen ein, befestigten sie mit den dicken Tauen an Pollern auf der Schleusenmauer und betätigten den Hebel, welcher der Schleuse signalisierte, dass es losgehen kann. Dabei ist Vorsicht geboten, denn durch die starke Strömung des eintretenden Wassers schlingerten die Boote im Becken, so dass sie nur durch starke Hände, etwa der von den Heimbewohnern Jürgen und Mark, stabilisiert werden konnten. Sobald der Höhenunterschied überwunden war, ging die Fahrt munter weiter bis zum nächsten Hindernis auf dieser langen Fahrt.
Jedoch hob sich eine Schleuse mit ihren bloßen Maßen von allen anderen hervor: beachtliche 15,70 Meter Höhenunterschied wurden in der Schleuse von Réchicourt mit einem Mal überwunden. Schon der Blick von oben in das tiefe, schmale Becken bescherte den meisten eine Gänsehaut, vom Gefühl, nachher in diese Wanne hinabgelassen zu werden, einmal abgesehen.Schleusen waren aber nicht die einzigen Attraktionen, welche uns hin und wieder Zeit und Anstrengungen kosteten. Zwei Tunnels, 475 und 2130 Meter lang, galt es in einem Schub zu durchqueren. Dabei blieb zu den Seiten nicht viel Platz, was bei einem Fahrfehler bedeutet hätte, Bekanntschaft mit der Tunnelwand zu machen. Zum Glück steuerte jeder sein Schiff sicher durch die engen, mit ein paar Lampen beleuchteten Röhren, so dass die Fahrt anschließend in Richtung Schiffshebewerk weitergehen konnte.Denn dieses war ein wirklicher Höhepunkt auf unserer Reise durch Frankreich, überwindet man hier immerhin eine beachtliche Höhendifferenz von 45 Metern in einer riesigen Wanne, gehalten von dutzenden Stahlseilen und zwei Gegengewichten. Dieses Bauwerk wirkt noch eindrucksvoller, bedenkt man, dass all dies vor 42 Jahren erbaut worden ist, um ein Nadelöhr der Binnenschifffahrt mit sage und schreibe 17 Schleusen in einem engen Tal zu ersetzen. Umso wehmütiger kommt man bei der Bergfahrt oben an, beeindruckt von der tollen Aussicht, enttäuscht, dass es schon vorbei ist.
Nachdem wir jeden Tag eine gewisse Fahrtstrecke zurückgelegt hatten und die Abende mit diversen Aktionen, etwa einer Disco, Spielen und einem Playback-Auftritt von Jürgen als Michael Jackson gestaltet hatten, kann man diese Hausbootfahrt nur als rundum gelungen bezeichnen. Wohl ein Grund, warum alle am Freitag, dem Tag der Abreise, traurige Gesichter machten. Denn allen hatte diese Fahrt unheimlich Spaß gemacht, jeder wurde gebraucht, niemand hatte Langeweile. Wir waren eine eingeschworene Gemeinschaft, sei es an den Schleusen, den Tunnels oder beim geselligen Zusammensein im Hausboot. Und das ist doch der Sinn einer solchen Unternehmung.